wo und wie fand dieser von ihnen erwähnte Durchbruch statt? Erkannten sie bereits im moment der Entdeckung dessen potential?
Eines Morgens im späten September 1918 sperrte ich in gewohnter Manier das Labor auf – in Erwartung eines weiteren bemitleidenswerten Labortieres, das die nächtlichen Strapazen im Alpha-Sperling nicht zu ertragen im Stande gewesen war. Das kleine Cockpit lag jedoch nicht verschlossen auf dem Tisch, sondern war zur Seite gerollt und bot durch die aufgesprungene Luke Einblick ins filigrane Innere unseres Modells. Aus der solcherart klaffenden Öffnung baumelte ein kleiner Schlauch, an dessen Ende sich die Ratte kerzengerade in die Höhe reckte, mit den Füßen voraus und dem Kopf durch die Gasmaske mit dem Sperlingsbauch verbunden. Still pendelte sie im Luftzug der von mir geöffneten Tür – scheinbar bemüht, sich der Schwerkraft vollends zu entziehen.
Im ersten Moment überkam mich der Verdacht, Opfer eines optischen Tricks geworden zu sein – ganz so, als würde sich die Ratte in einer glatten Oberfläche spiegeln. Also bewegte ich mich weiter in den Raum hinein, um die Veränderung meines Blickes als Prüfmittel zu nutzen und das mich irritierende Gebilde als Täuschung zu entlarven. Mit jedem Schritt jedoch verfestigte sich meine Verwirrung und kroch mir hinauf bis in die Ohren, da sich das von mir vermutete Trugbild nicht als solches entlarven lassen wollte. Am Tisch angekommen, streckte ich meine Hand zum Objekt aus, um leicht jenen Schlauch zwischen Ratte und Modell zupfen zu können, auf den sich meine Verwirrung konzentriert hatte. Erst jetzt begann sich in mir die Erkenntnis zu verfestigen, dass der erste Vorbote einer ganz neuen Welt, einer neuen Natur sich über Nacht hier manifestiert hatte.
Auch wenn ich diese Szene alsbald mit Walter zu teilen suchte, um mir von ihm meine geistige Gesundheit quittieren zu lassen, so kreisten meine Gedanken in den darauf folgenden Stunden und Tagen doch wie magnetische Teilchen immerzu um diesen einen Moment. In jeder Erinnerungsschleife versagte ich erneut mit meinem Bemühen, das Gesehene schlüssig in all die anderen profanen und die paar besonderen Eindrücke meines bisherigen Lebens einzufassen. Diese verzweifelten Ordnungsversuche durchkreuzte ein ums andere Mal ein Bild, das mich ausgesprochen verunsicherte: Es schien mir, als ob im Moment tiefster innerer Versenkung ein großer, hagerer Rattenmann sich Zugang zur Plattform meines Geistes verschaffte und mit traurigen Augen jäh in meine Seele hinabblickte, immer wenn sich die einzelnen Teile meiner verwirrenden Eindrücke einem Ganzen zu sehr anzunähern begannen. Solcherart aus der Fassung geraten, erwachte ich stets schweißnass in meinem Bett und wagte nicht wieder einzuschlafen, bis der Morgen mit seinen ersten Sonnenstrahlen alle Geister und bösen Gedanken aus dem Zimmer zu drängen begann.